2007/08/23

Frequenzanalyse

Besseren Wissens begibt man sich auch im postpubertären Alter auf Rockfestivals um die Helden des hochpubertären Alters mal wieder zu sehen, so auch dieses Jahr zusammen mit dem Held der Arbeit, dem Stefan. Seiner Analyse ist nicht mehr viel hinzuzufügen, außer mein subjektiver Teil.


Anfahrt = Schlacht. Erwisch den Zug, boxe Mitkonkurrenten um Sitzplätze mit deinem Gepäck nieder, raffe die Verbleibenden beim Einstieg in den Shuttlebus dahin und vielleicht kriegst du einen Ort am Campingplatz, der nicht den ganzen Tag als Klo verwendet wird. Geschafft. Die Ansammlung zwanzig Deutscher, die ihren Rädelsführer mit Megaphon ausstatteten, ist das geringere Übel. Dann Bier. Bier und Musik, am Anfang vor allem Bier. Die Bands kennt man eh nicht, auffällig viele beginnen mit "The..." Also Bier und vielleicht mal Vodka im Zelt. Und einen Apfel aber schnell zurück zu Tocotronic. Stille. Chorgesänge. Ein schwarzer Monolith. Affen springen davor herum, der fliegende Knochen wird zur Gitarre in des Hamburger Grafens Hände. Dann halt mal wieder ein Bier. Besser wirds eh nimmer, aber feuchter. Aber noch nicht, nach trockener Nacht langes Schachspiel, am Ende durch Unachtsamkeit verbockt, scheiße, Bier, nein, Vodka. Mieze von Mia singt Lieder, die ihr einfielen, als die Spree neben ihr rauschte. Sie schlägt uns ein Tauschgeschäft vor: "Ich gebe euch meine Flügel, ihr mir eure Hände!". Ich schlage ihr ein Tauschgeschäft vor: Sie soll weniger scheiße erzählen und ein bisserl bessere Musik machen, dann muss ich nicht über sie schimpfen.
Überhaupt, Frauen die rocken rocken nicht sondern singen mit Katzennamen, humpe(ln) und brauchen wirklich eine größere Wohnung. Außer sie heißen Juliette Lewis... yeah!

Snow Patrol und Beatsteaks bringen Regen mit - und viele Leute. Und ihre ein, zwei Alben (was, das war live?). Dann lieber Damon Albarn, der so cool ist, dass es kurzzeitig schneite anstatt zu regnen. Ach, ja, mal wieder ein Bier und Die Ärzte Comedy geniessen. Nine Inch Nails sind auch da, ich verstehe ihre Kunst aber nicht. Trent Reznor vergisst seine Gleitcreme und ist deswegen schlecht drauf.

Nasse, kühle Angelegenheit mittlerweile... viel zu nüchtern, Bravopunks und Alternative-Ö3-Rocker. Na guad, dann ned, und: Gehts... wissts eh scho.


Annex

Drei Sachen, die man auf Konzerten nicht macht:

  1. Zwanghaftes Nachvornekommenwollen. Hallo, ihr, die das gerne macht! Kommt halt mal ein bisschen früher auf diese Idee! Irgendwann ist halt mal kein Platz mehr, daran kann ich auch nichts ändern. Es ändert auch nichts, wenn ihr euch dann aufregt, dass so wenig Platz ist. Hinweis: Bevor ihr gekommen seid, war mehr Platz!
  2. Stage Diving. Das geht ja nun wirklich jedem am Arsch, außer einem der oben ist. Alle anderen kriegen denjenigen am Schädel und müssen alle anderthalb Minuten sich entscheiden, sich das Konzert weiter anzuschauen oder den Trottel hinten oben runterfallen zu lassen.
  3. Pfurzen. Muss ich wohl nicht näher beschreiben.

2007/08/05

Der Eintrag, den man überspringen kann, wenn man der Beschäftigung mit Geschriebenem keinen besonderen Wert beimisst.

Eine nette Facette der Übergangszeit zwischen alter und neuer Rechtschreibung (endete am 1.8.) stellte die Möglichkeit dar, "sie" in der Anrede entweder groß oder klein schreiben zu können. Dies erlaubte, durch die Wahl des großen oder kleinen "s", implizit die Wertschätzung für den Adressaten mitzuteilen. Einer richtigen Respektperson wird man sich nicht so schnell trauen, mit "sie" zu titulieren, dass "Sie" wirkt da doch schon unterwürfiger. Das pro forma "sie" spricht da schon eine andere Sprache: "Eigentlich möchte ich nicht einmal auf du mit ihnen sein...".
Wie sie, verehrter Leser, (okay, platt, aber aufgelegt) schnell feststellen können, birgt eine derartige Flexibilisierung der Rechtschreibung nie geahnte Ausdrucksmöglichkeiten im Geschriebenen. Vorreiter auf diesem Gebiet ist ja bereits Homer Simpson, dessen "laaangweilig" wahrscheinlich kurz vor der Aufnahme in den Duden steht. Was spricht dagegen, die Bedeutung eines Wortes im Schriftbild zu verstärken? Wie wäre es mit lAUt und l(ei)se, dicckk und dün², oder kleinkuhnst.
Bei dem Versuch einer Formulierung für groß und klein stößt man dann auf ein erstes Problem. GROß oder das lehrbuchgemäße GROSZ ergeben schlichtweg kein ästhetisches Buchstabenstilleben, zumindest nicht in einer Schrift, wo S und Z nicht spiegelsymmetrisch sind. GROSS hat eine andere Bedeutung. Somit findet man den nächsten Vorteil in einer Erweiterung des Wortschatzes, da man nun auch mal geWaLtig als Synonym verwenden wird.

Hier braucht man aber noch lange nicht aufhören. In konsequenter Fortführung dieser untersuchten Utopie möchte ich mal ein Gedicht zum besten geben:

Heellnrstug.

Es ist ein wissenschaftlich bestätigtes Ergebnis, das wir ein Wort lesen können, wenn erster und letzter Buchstabe stimmen, und alle anderen in beliebiger Reihenfolge dazwischenstehen. Diesen Prozess der Herstellung kann man nun auch in der Schrift ausdrücken und den Leser dieses Wort auch gleich erlebbar machen. Ein weiterer Erfolgsgarant für diese Idee in der breiten Masse stellt die Tatsache dar, dass man als Student oder Arbeitsloser ja viel Zeit bei dieser Tätigkeit verbringt, anschließend versucht die richtige Leitung zu treffen und für ein Pläuschchen mit Onkel Jürgen ein bisserl Geld abkassieren will.

Ich habe im Zuge meiner Diplomarbeit versucht, die Absenz eines Objektes als Booleschen Aussagewert mit der Bezeichnung " " einzuführen, was aber am Widerstand meines Betreuers scheiterte. Nun ist der Zeitpunkt gekommen, um wieder Werbung für diese Idee zu machen. Denn es gibt wohl , dass Nichts besser beschreibt als . Es ist die Meinung des Autors, dass eine Flexibilisierung der deutschen Rechtschreibung ein Menschengeschlecht mit noch nie dagewesenem Abstraktionsvermögen schaffen könnte.